Offener Brief an den Gemeinderat / 03.07.2023

Lieber Gemeinderat,

im April 2023 wurde die Heidelberger Sicherheitsbefragung durchgeführt und vor kurzem wurden die ersten Ergebnisse veröffentlicht. Leider spiegeln die Ergebnisse unsere Erfahrung als queere Community wider. Zwar wird Heidelberg als eine sichere Stadt empfunden, dennoch ergab die Studie, “dass vor allem Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LSBTI) sexualisierte Herabwürdigungen und Feindlichkeiten als erhebliches Problem sehen“.

Queere Menschen und ihre Lebenswelten sowie ihre Sicherheit werden in Heidelberg noch nicht ausreichend berücksichtigt. Übergriffe auf queere Menschen, rechtsextreme Schmierereien, Sachbeschädigungen und Anfeindungen bei öffentlichen und Community-Veranstaltungen, wie zum Beispiel Queer Festival, OPEN DYKES oder der Reihe „Gender als Politikum“, und die alltägliche Diskriminierung von queeren Menschen in ihren Lebenswelten machen deutlich, dass die bisherige städtische Unterstützung nicht genügt, um Diskriminierung und Gewalt entgegenzutreten und zu unterbinden.

In Zeiten queerfeindlicher und antifeministischer Radikalisierung, der Zunahme von Hass und Angriffen auf queere Menschen braucht es umfassende Schutzkonzepte, einen Ausbau und eine Sicherung queerer Angebote sowie eine umfassende städtische Strategie zur Stärkung queeren Lebens, damit Heidelberg für queere Menschen zum positiv erlebbaren und sicheren Lebensort wird.

Deswegen bitten wir Sie, folgende Forderungen, die aktuell auch in die Haushaltsverhandlungen eingebracht wurden, anzuerkennen und umzusetzen:

  • (Stellen-)Ausbau der Koordinationsstelle LSBTIQ+
  • Zuschusserhöhung für das Queer Festival Heidelberg
  • Zuschusserhöhung für die Fach-, Präventions- und Beratungsstelle PLUS e.V.
  • Anschaffung von queeren Kinder- und Jugendbuchkoffern
  • Erhöhung städtischer Fördermittel für queere Projekte

Wir wollen, dass die Anti-Gewaltarbeit und Anti-Diskriminierung bei der Beratungsstelle PLUS e. V. weiter ausgebaut wird und die Unterstützungsangebote für Opfer und Betroffene queerfeindlicher Gewalt erweitert werden können.

Das Queer Festival schafft Sichtbarkeit für queere Kreativität und Kunst und ist in seiner Strahlkraft nach außen und in die Stadt hinein bundesweit einzigartig. Es eröffnet außerdem den unverzichtbaren Raum der Begegnung für die gesamte Stadtgesellschaft und fördert so die Akzeptanz queerer Menschen. Es darf nicht sein, dass ein Heidelberger Leuchtturmprojekt wie das Queer Festival im nächsten Jahr zum 15. Jubiläum nicht mehr in der notwendigen, von der Community gewünschten und Stadtgesellschaft erwarteten Form stattfindet, weil dessen Grundsicherung nicht gewährleistet wird.

Die Anschaffung queerer Kinder- und Jugendbuchkoffer kann die Vielfalt von Lebensrealitäten sichtbarer und niedrigschwellig zugänglich machen, sodass queere Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung unterstützt werden können und früh vermittelten Vorurteilen gegenüber queeren Menschen begegnet werden kann.

Die Koordinationsstelle LSBTIQ+ muss ausgebaut werden, da durch die zunehmende Sichtbarkeit und das (ehrenamtliche) Engagement der queeren Community auch die Zuständigkeiten und das Arbeitspensum der Koordinationsstelle zunehmen. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, braucht es mehr Stellenanteile. Diese Stellen benötigen ebenfalls ein größeres Budget, um den weitergehenden Strukturaufbau und die Stärkung der LSBTIQ+ Community zu unterstützen. Die Förderung kommt ebenfalls lokalen Ehrenamtlichen und Kulturschaffenden zugute, die sich durch ihre Programme für queere Belange einsetzen.

Gerade in Zeiten wie heute, in denen vielerorts sogar die Existenzberechtigung von queeren Menschen in Frage gestellt und ihre Sicherheit bedroht wird, bauen wir auf Ihre Unterstützung. Gleichzeitig erklären wir uns solidarisch mit allen Menschen, die in Heidelberg von sexistischer, antifeministischer, rassistischer, antiziganistischer, antisemitischer oder behindertenfeindlicher sowie anderer Formen von Hassgewalt betroffen sind und unterstützen die entsprechenden Forderungen zum Ausbau entsprechender Strukturen und Angebote.

Machen wir gemeinsam Heidelberg zur sicheren Rainbow City für alle Menschen.

Mit besten Grüßen
Das Queere Netzwerk Heidelberg